Briefwechsel

12.

Wien, ohne Datum.

Wann Sie mir, mein liebster Gentz, ohne viele Beschwerde einen Plan von Wien, eine Karte von Environs, eine Karte (aber die beste) von den österreichischen Staaten, eine Beschreibung von Wien, und was Ihnen sonst zur Kenntniß der österreichischen Staaten gerade in die Hände fiele, mittheilen könnten, so würde ich Sie darum bitten. Uebrigens bin ich noch immer in tiefer Rührung begriffen über die von Ihnen gestern erfahrene Anmuth und Milde der Behandlung. An wirklich dämonischer Gutmüthigkeit sind Sie noch mehr, als Sie je gewesen sind, und gegen alle Ausflüchte meines Verstandes sagt mir mein Herz, daß ich die Zeichen der einzigen Innigkeit meiner Liebe für Sie auf eine geschicktere Weise hätte vorbringen können. Da der erste Zweck meiner Reise nach Wien, die Verständigung mit Ihnen über den Gegensatz, durch meine Schuld definitiv bei Seite gesetzt ist, so bleibt mir nichts übrig, als den andern, nämlich Sie von meiner Treue und Freundschaft zu überzeugen, recht vollständig zu erreichen. Sie glauben nicht, wie es mich beruhigte, da mir Ihre gestrige Sanftmuth zeigte, <11:> daß mir diese Absicht recht vollständig gelingen wird. Aber so hart, wie Sie denken, bin ich doch nicht.

Was den Wind angeht, sind dieses die ersten Zimmer in der Welt, indem von dem gestrigen starken Sturme auch nicht das leiseste verdächtige Klappern und Heulen zu vernehmen gewesen.

A. Müller.