Briefwechsel

36.

Wir sind geschlagen, lieber Müller, und dahin meine herrlichsten Hoffnungen! Wie dieser Schmerz mich trifft, vermag ich Ihnen nicht zu sagen. So tief, so unmittelbar war ich noch nie mit den großen Staatsangelegenheiten verschwistert; dießmal fühle ich, was es heißt, und fühle es zum erstenmal, so in einer öffentlichen Sache persönlich verwendet zu werden. Jetzt mag weiter geschehen, was da will, Wien verloren gehen, Bonaparte uns nach Astrakan treiben u.s.f.; ein größerer Schmerz, als den ich gelitten, trifft mich nicht mehr. Nicht gesiegt zu haben, in einem Augenblick, wo aller Werth des Lebens am Siege hing, nicht gesiegt, <62:> den Teufel nicht gedemüthigt, dieß Leiden ist das höchste; dagegen sind alle sogenannte positive Uebel nur wahre Lumperei.

In Berlin scheint es gut zu gehen! Aber das tröstet mich nicht: Redde, redde mihi legiones! Meine göttliche Armee von Mack! Meine himmlischen Cavallerieregimenter! Meine braven Generale! Solch eine Armee gibt es gar nicht mehr! Und geschlagen – warum? Ha! weil es nicht erlaubt ist, in großen Dingen auf alberne Eingebungen schaler Privatgefühle zu hören.

Adieu! Ihren Brief durch Finckenstein bekam ich. Sie sollen nächstens mehr von mir hören. Habe Sie denn alle meine Briefe erhalten?

Gentz.

Am 8., 9., 11., 12., 13., 14., 15., 16., 17., jeden Tag eine Schlacht. Aber der 14. war der dies nefandus! Da ging Ulm, Memmingen und mehr als 24 Bataillons verloren! O Gott! Und wir konnten es hindern!