Briefwechsel

50.

Juli 1806.

Es geht mir in der That von zu vielen Seiten schlecht, als daß ich Ton und Inhalt Ihres Briefes, als von Ihnen an mich gerichtet, mit gehörigem Verdruß und Schmerz erwägen könnte. Sie haben zu gute Beweise meiner Gesinnung und besonders der Independenz meines Geistes, um vorauszusetzen, daß ich mich je im Ernst zu irgend einer Partei gezählt habe, also im Ernst daran denken könnte, meine Partei zu verwechseln. Ich würde, so viel an mir ist, auf Ihrer praktischen Seite mitzuwirken suchen, wenn ich nicht zu spät in die Welt und in das Geschäft gekommen wäre, um nur irgend etwas zu leisten, wo Sie selbst zu verzweifeln genöthigt sind. Daß übrigens ein Interregnum von Universalmonarchie, das sich nun einmal nicht vermeiden läßt, der heiligsten Sache des Christenthums kein Hinderniß in den Weg legen kann, vielmehr sie indirekt befördern muß, ist meine innerste Meinung, ob ich gleich jedes andere Mittel, was mir gezeigt würde, vorziehen und mit dem Herzen ergreifen würde. Ferner daß es keine absolute Epoche oder Grenze gibt, wo die Herrschaft des Bösen als vollständig triumphirend betrachtet werden kann, ich also einen Krieg gegen das Bonaparte’sche Princip nur in so fern statuire, als er erst recht angeht, erst recht gründlich und eines großes Herzens würdig <82:> wird, wenn die Nominalherrschaft uns alle umfängt; daß es kein Catonisches Heraustreten aus einer solchen Sache gibt, für Christen nämlich, daß jene Herrschaft uns deßhalb immer näher auf den Leib treten muß, damit wir sie noch besser kennen und aus andern als persönlichen Gründen hassen lernen, damit wir den Bonaparte, den wir in uns tragen, überwinden lernen: dieß alles ist meine feste Meinung, der letzte unterstrichene Satz meine ganz individuelle, aus mir selbst geschöpfte Ueberzeugung, das wehmüthige Resultat meiner Betrachtungen. Adieu!

A. H. Müller.