Briefwechsel

1807.

57.

Prag, den 22. Februar 1807.

Ich bin zwar eigentlich sehr böse auf Sie; aber was hilft es? Ich kann darum doch nicht von Ihnen lassen, und heute will ich Ihnen sogar eine Gelegenheit an die Hand geben, mir zu dienen.

Es wird Ihnen, wenn Sie irgend noch Zeitungen lesen, nicht entgangen seyn, wie ich seit den letzten traurigen Katastrophen von den deutschen Zeitungsschreibern behandelt werde. Besonders macht es sich die löbliche Allgemeine zur Pflicht, alles sorgfältig zu sammeln und zu verbreiten, wodurch man mich in den Augen der Welt herabzusetzen und verunglimpfen zu können glaubt. In einem der neuesten Stücke dieser Zeitung steht ein angeblicher Brief aus Berlin, worin ich ein deutscher Mallet du Pan (als wenn das ein Schimpfwort wäre), ein „Sophist aus Fanatismus“ (sonst hieß es für Geld) u.s.f. genannt, besonders aber beschuldigt werde, von der wirklichen Lage der Dinge nichts zu wissen &c. In eben diesem Briefe wird vorausgesetzt, ich sey mit Kotzebue aus Berlin emigrirt; zuvor hatte dieselbe Zeitung, nach den Augsburger, Stuttgarter und andern vortrefflichen Blättern, mich bald nach Dänemark, bald nach England, bald nach Rußland reisen, bald als preußischen Kabinetsrath an Lombards Stelle treten lassen.

Dieß alles ist nun freilich unter der Kritik und Notiz; und Sie glauben mir auch wohl ohne Schwur, daß es mir nie eine schlaflose Stunde gemacht hat. Die einzige traurige Reflexion, die ich dabei anstelle, ist nur immer die über den schmählichen Verfall von Deutschland, und die grenzenlose Niederträchtigkeit unserer Landsleute. – Indessen würde <89:> es mich doch freuen, wenn den Bestien irgend einmal in einer erhabenen und dabei vernehmlichen Sprache ihr schändliches Verfahren zu Gemüthe geführt werden könnte. Niemand vermag dieß so siegreich zu thun, als Sie. Sie sind es mir schuldig, weil ich Sie bei ähnlichen Gelegenheiten auch aus allen meinen Kräften vertheidigt habe. Geben Sie sich also die kleine Mühe – Sie müssen aber vorher wenigstens die Artikel in der Allgemeinen Zeitung durchlesen – einen Aufsatz zu schreiben, der den Redacteurs der letztern communicirt werden könne. Wie dieß geschehen wird, überlassen Sie mir; Sie haben für nichts weiter zu sorgen, als Ihren Aufsatz an B. zu überliefern, der ihn mir schon zukommen lassen wird. Wenn auch diese Rakker zu furchtsam oder zu niederträchtig seyn sollten, ihn abzudrucken, so ist es doch immer schon interessant genug, daß sie ihn lesen. Fangen Sie von der großen Hauptklage, als ob ich das preußische Manifest geschrieben hätte, an, und verneinen Sie dieses nachdrücklich, ohne jedoch das Manifest herabzusetzen, bloß darauf bestehend, daß es eine sehr schwere Aufgabe war, ein Manifest für Preußen zu schreiben. Im Uebrigen sagen Sie, was Sie wollen und was Ihnen Ihre Freundschaft für mich eingeben wird. Stellen Sie das Ganze so, daß keine Ahndung, als ob der Verfasser dieses Artikels mit mir in irgend einer Verbindung sey, statt finden könne.

Diesen Antrag werden Sie hoffentlich nicht ablehnen. Schreiben Sie mir doch auch, wie es Ihnen geht, und lassen Sie mich nicht so ganz von Ihnen getrennt seyn, als wäre der Ocean zwischen uns. Wollen Sie sich denn nie bessern, Bösewicht? Gott sey mit Ihnen.

Gentz.