Briefwechsel

102.

Teplitz, 20. September 1808.

Sie haben lange nicht von sich hören lassen, theuerster Freund. Ich kann aber doch Teplitz nicht definitiv verlassen, ohne Ihnen Adieu zu sagen, ohne Sie zu versichern, daß ich, ganz derselbe, aus Ihrer Nähe scheide, und daß Sie fortdauernd auf mich rechnen können.

Die Begebenheiten in Spanien hatten mich für einige Tage aufgerichtet, ob ich ihnen gleich vom ersten Augenblicke an nur in so fern bleibenden Werth beilegte, als ich in ihnen einen Impuls für diejenigen sah, deren Lage und noch erhaltenen Kräfte eine wahre Initiative zur <153:> Rettung des Ganzen möglich machen. Vieles, was ich damals schon wußte, manches, was ich seitdem erfuhr, ließen mich mächtig zweifeln, daß jene Begebenheiten als ein solcher Impuls wirken würden; und die bevorstehende Zusammenkunft in Erfurt schlägt von dieser Seite jede Hoffnung auf lange Zeit nieder. – Wir werden den spanischen Insurgenten, auf deren Lorbeeren wir nun ruhen, wahrscheinlich einen freien und sichern Winter verdanken. Das ist alles. Aber der Horizont bleibt so trübe und bedroht als vorhin; und die Gewitter, eine Zeitlang comprimirt, werden einst vielleicht nur um so schrecklicher toben.

Wenn Sie mir noch vor meiner Abreise von hier einen kleinen Liebesdienst erweisen wollen, so schicken Sie mir den Theil von Goethe, in welchem sich die Briefe über die Schweiz befinden, die ich sehr begierig bin, zu lesen. Es muß aber gleich geschehen, denn der Bote geht morgen Abend zurück. Adieu.

Gentz. <154:>