Briefwechsel

195.

Aus dem Inhalt und Ton Ihres gestrigen Schreibens sehe ich, daß ich Ihnen weh gethan haben muß. Dieß war sicher nicht meine Absicht. Ich glaube allerdings, daß Sie in manchen Stücken, für Ihr eigenes Interesse, vielleicht auch zum allgemeinen Besten, anders hätten handeln können und handeln sollen. Aber ich fühle mich doch nicht berufen, Ihnen harte Lehren zu geben; und sobald Sie meine Bemerkungen in diesem Lichte betrachten, ziehe ich mich zurück. Wir haben so lange in Treue und Eintracht auf Einem Wege gewandelt; wir sind immer noch für so viel große Zwecke mit einander verbunden, daß es Thorheit wäre, auf Differenzen in den Ausführungsmitteln, oder auf abweichende Ansichten über einen und den andern speciellen Gegenstand ein unverhältnißmäßiges Gewicht zu legen. Ich setze daher voraus, liebster Freund, daß alles zwischen uns beim Alten bleibt, und bitte Sie, an meiner Treue eben so wenig zu zweifeln, als es mir je im Ernst einfallen konnte, Mißtrauen in die Ihrige zu setzen.

Den 23. April 1820.

Gentz.