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Wilhelm Amann, Der „edle Unglückliche“. Fouqué über Kleist, in: BKB 12 (1999), 33-99; darin: 42

Fouqué an Karl August Varnhagen v. Ense, Nennhausen, 26. 9. 1808

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– Grüsse Heinrich Kleist von mir. Hast Du im letzten Phöbus-Hefte das Fragment des Robert Guiskard gelesen? Mir hat es günstige Hoffnungen für das Ganze erweckt; trachte doch, es zu lesen, und schreibe mir darüber. Das K. v. H., ein andres Fragment darin, ist mir hingegen sehr widrig erschienen, jedoch höre ich, daß eben dieses bei seinen Freunden den rauschendsten Beifall finden soll. Du wirst auch wohl sonst Pfuel, den Bruder desjenigen, den Du hier sahest, in Dresden antreffen, da er Kleists vertrauter Freund ist. Auch ihm meine herzlichen Grüsse. Er ist ein wackrer, scharfsinniger, sehr gutmüthiger Mensch, so seltsam auch bisweilen gewisse vorgefaßte Meinungen und Ansichten sein Innres verschlossen halten vor Erscheinungen, die ihm von einer ungewohnten oder unautorisierten Gegend her aufgehn. Vielleicht aber, daß dieses Uebel einem mannigfacherm Umgange weicht, in einem Kreise, wo er der guten Köpfe mehr findet, als er bisher gewohnt war, neben sich zu sehn. Ich fand ihn schon bei seiner letzten Anwesenheit vortheilhaft verändert. – Was soll ich Dir vom Adam sagen? Es scheint mir noch immer der Anfang, zwar nicht alles, aber doch vieles Uebels in ihm zu liegen, wenigstens für den Phoebus. Aufrichtig aber gesagt, ist dies mehr ein Vorurtheil, als ein Urtheil selbst, denn ich habe so gut als nichts von ihm gesehen. Ein gewisser prätensionsvoller, und mir bereits durch Andre widrig gewordner Ton treibt mich immerdar schon fast am Eingange seiner Aufsätze in die Flucht. – Du wirst wohl dort einen Doctor Schubert kennen lernen, einen Naturphilosophen, von dem mir Ernst Pfuel viel vortheilhaftes gesagt hat. Ein Paar ganz kleine Fragmente aus seinen Vorlesungen im Phoebus haben mich sehr angezogen durch ihre würdevolle kräftige Sprache, und durch das tiefe, herzinnige Gefühl, welches sich darin ausdrückt.

H: BJK (4 Seiten, 161 Zeilen; hier Z. 51-79).
Kleist] Varnhagen antwortet am 13. 10. 1808 aus Dresden (zit. n. Varnhagens Abschrift, BJK): „Heinrich Kleist habe ich noch nicht gesehen, er ist verreist, hat mir ein freundliches Billet geschickt vorher, da ich aber schon  nach Leipzig hinüber war. Der Adam hat auf meine abgegebene Karte nichts gethan, läßt er mich laufen, laß ich’s ihn auch recht gern. Sehr leid ist mir, daß ich Pfuel nicht aufzufinden weiß, da Kleist nicht hier ist; wenn er aber, wie man glaubt, in ein paar Tagen wiederkommt, kann ich auch wohl noch Pfuel mit ihm besuchen. Kleist ist mir sehr lieb, so schweren Tadel ich an seinen nicht undichterischen Werken üben muß, der Adam verdirbt ihn, sie bilden ihm, sagt man, ein, daß er Shakspear sei!“
Fragment] in Phöbus IV/V, 3-20
andres Fragment]„Fragment aus dem Schauspiel: Das Käthchen von Heilbronn, oder die Feuerprobe“ (Phöbus IV/V, 75-104)
Vorlesungen] „Fragmente aus einer Vorlesung“ (Phöbus IV/V, 67f.)

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