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[ DOKUMENTE UND ZEUGNISSE ]

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B

Arno Barnert in Zusammenarbeit mit Roland Reuß und Peter Staengle, Polizei – Theater – Zensur. Quellen zu Heinrich von Kleists „Berliner Abendblättern“, in: BKB 11 (1997), 29-353; darin: 341-344

Johann August Sack und Johann Emanuel Küster an die Berliner Buchdrucker und Buchhändler, Berlin, 26. 1. 1811

<24r>
Sämmtlichen hiesigen Buchdruckern und Buchhändlern wird hiermit bekannt gemacht, daß der mitunterzeichnete Chef des Departements der allgemeinen Polizeÿ im Ministerio des Innern zufolge des Verfassungs Reglements vom 27. Oct. nunmehr diejenige Oberbehörde ist, welcher die Oberaufsicht über die Censur aller hieselbst erscheinenden oder gedruckten Schriften nicht politischen Inhalts übertragen worden, so wie dagegen die Censur aller erscheinenden Schriften politischen Inhalts dem Ministerio der auswärtigen Angelegenheiten untergeordnet bleibt. Diese Oberbehörden haben nach den Absichten der Regierung, dermalen darauf besonders zu halten, daß alle hier erscheinenden oder gedruckten Schriften ohne die mindeste Ausnahme zur Censur gebracht werden, so wie solches das CensurEdict vom 19. Decbr. 1788., und die darauf Bezug nehmende Verfügung der Section des öffentlichen Unterrichtes vom 21. Jun. 1809. vorschreiben und einschärfen. So wie indessen bereits die letztgedachte von dieser Section als damaliger OberCensur
Behörde






abges 8 Febr

<24v>
Behörde erlassene Anordnung die einzelnen CensurRessorts auf eine einfachere Weise bestimmte, als es früher in dem CensurEdict geschehen ist; so wird in derselben Absicht hiemit noch bestimmter verordnet:
daß der zur allgemeinen Censur aller hier erscheinenden nicht politischen und nicht polizeÿlichen Schriften ernannte Bibliothekar Dr. Biester diejenige Behörde ist, an welche sämmtliche Buchdrucker und Buchhändler alle hieselbst erscheinenden oder doch gedruckt werden sollenden Schriften sie seyen größeren oder <342:> kleineren Umfangs, oder sie erscheinen periodisch oder nicht periodisch, zu bringen haben, insofern ihnen nicht die politische oder polizeiliche Eigenschaft dieser größern oder kleineren, periodischen oder nicht periodischen Schriften aus dem Titel oder eigener näherer Beurhteilung des Inhalts kenntlich ^deutlich erkannt^ wird; in welchem Falle diese Schriften sofort: directe an die letzte politische oder polizeyliche CensurBehörde zu bringen sind. Indem hierdurch dasjenige, was
die

<25r>
die vorgedachte Verfügung vom 21. Jun. 1809. über den Eintritt der polizeilichen Censur nur ganz allgemein vorschreibt, seine nähere Bestimmung erhält, so haben die Buchhändler oder Buchdrucker wegen der bereits itzt erscheinenden Tages- und Wochenblätter oder Monats- und andern Zeitschriften die Anweisung des Polizeÿ Präsidenten Gruner, inwiefern solche in Zukunft an den allgemeinen Censor zu bringen sind, zu erwarten; mit neu erscheinenden Blättern und periodischen Schriften aber sofort nach itziger Vorschrift zu verfahren, auch in gleicher Art alle von itzt an erscheinenden kleineren Schriften und Flugblätter, falls ihnen die politische oder polizeyliche Beziehung nicht daran kenntlich wird, an den allgemeinen Censor abzugeben. Daß übrigens solche Vorlegung bey einem der drey ernannten Censoren ohne alle Ausnahmen geschehe, wird hierdurch nochmals unter der Andeutung eingeschärft, daß bey künftiger Unterlassung, die Schriften mögen nun nach Umfang oder Inhalt noch so unbedeutend oder unverfänglich erschienen seÿn, mit den bekann- <343:> ten allgemeinen fiscalischen
Strafen

<25v>
Strafen; in denjenigen Fällen aber, wo den Buchdruckern und Buchhändlern selbst ein unerlaubter Inhalt kenntlich geworden seÿn muß, und die Verbergung ihres Verlags oder Drucks eben darin ihren Grund hat, mit den angedrohten * Strafen unnachsichtlich verfahren werden soll.
Da übrigens noch mißfällig bemerkt worden, daß bey Ueberweisungen der Schriften von einem Censor an den andern, oder bey vorgefallenen Rügen oder gänzlichen Abweisungen die erhaltenen Bescheide supprimirt oder verschwiegen sind; so wird hiermit festgesetzt:
Daß die Buchhändler und Buchdrucker den vorzulegenden Schriften in Zukunft 1., ein besonderes Blatt beizulegen haben, auf welchem sie mit genauer NamensUnterschrift, WohnungsAnzeige, auch Anzeige des Verlegers, falls die Druckerey selbst den Verlag nicht hat, die Censur ordnungsmäßig nachsuchen; daß dieses Blatt 2., falls die Schrift an einen andern Censor überwiesen wird, von derselben nicht entnommen, auch 3., eben sowohl als das Manuscript selbst aufbewahrt werden soll, um sich damit
bey










* geschärften

<26r>
veranlaßter Nachfrage legitimiren zu können.
So wie die Censoren selbst angewiesen worden, auf Befolgung dieser Einrichtung genau zu halten; so wird auch den unterzeichneten Oberbehörden nicht unbekannt bleiben, welche hiesige Verlagshandlungen und Buchdruckereien sich fernerhin gegen die Anordnungen des Staats hierunter oder sonst bereitwillig und folgsam beweisen; und es wird auf ihr Benehmen in allen den Fällen Rücksicht ge- <344:> nommen werden, wenn die Regierung es vielleicht rathsam finden sollte, mit noch spezielleren Maasregeln in Rücksicht des Buchhandels und Buchdruckes, in ähnlicher Art vorzuschreiten, als es in andern Ländern neuerlich der Fall gewesen ist.
Uebrigens sind die hier bestellten Censoren in keiner Art mit Anweisungen versehen, welche der Beförderung des hiesigen Buchhandels und Buchdrucks, so wie der Wissenschaften und Künste selbst, durch hier erscheinende oder gedruckte Schriften, irgend in den Weg treten könnten; und die Buchhändler und Buchdrucker
werden

<26v>
werden es nur einer eigenen Verkennung oder Nichtachtung der überall gültigen CensurVorschriften oder einem gesetzwidrigen und unfolgsamen oder unehrerbietigen Benehmen zuzuschreiben haben, wenn sie in ihrer auf rühmliche Zwecke zu richtenden Gewerbsthätigkeit einer andern andern als diejenige liberale Behandlung finden, welche unabänderlich in der Absicht der Regierung liegt, und in Rücksicht auf welche auch die Auswahl der gegenwärtig mit der Censur beauftragten Personen bestimmt worden.
Berlin den p
Sack Küster
Zur gefälligen Mitzeichnung des
Königlichen Geheimen Staatsraths
und Chefs des Allgemeinen Polizey-
Departements
p Herrn Sack
Hochwohlgebohrn.


H: GStA-PK, Sign.: HA I, Rep. 77, Tit. 1, Nr. 7, Bl. 24-26
Verfügung der Section des öffentlichen Unterrichtes vom 21. Jun. 1809 >> Appendix

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Letzte Aktualisierung 28-Jan-2003
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