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Georg Minde-Pouet, Kleist und die Königin Luise, in: Frankfurter Zeitung, 30. 11. 1911, 1. Morgenblatt

Johann Friedrich Niethe an Karl August v. Hardenberg, 10. 2. 1811

Ew. Hochfreiherrliche Excellenz befehlen in dem hochgeehrten Schreiben vom 6/9ten Februar meinen Bericht über die von dem Hrn. Heinrich v. Kleist gemachten Ansprüche auf 300 rth. in Fr. d’or jährliche Pension aus dem Chatoul-Etat der hochseel. Königin Majestät.
Ich kenne den Hrn. v. Kleist persöhnlich nicht, auch nicht die Talente, oder Dienste durch welche die verewigte Königin Majestät Sich könnte bewogen gefunden haben, den Hrn. v. Kleist so ansehnlich zu unterstüzzen, sondern kann meinerseits nur versichern, daß ich nie einen Groschen an den Hrn. v. Kleist bezahlt, und weniger noch von einer ihm verliehenen Pension jemals etwas gehört habe. Die Fr. Oberhof-Meisterin, Gräfin v. Voß und die Kammerfrau v. Reinbrecht die ältere, beyde, als näheste Umgebungen der Verewigten, besonders von denen Ausgaben unterrichtet, welche die Hochseelige ab und an aus Höchst Ihrer kleinen Privat-Chatoulle machte, erinnern beide ebenfalls Sich nicht, jemals von einer Pension für diesen Hrn. v. Kleist etwas gehört zu haben.
Bei dem allen bin ich weit entfernt die Ansprüche des Hrn. v. Kleist für ungegründet erklären oder die Möglichkeit bestreiten zu wollen, daß die Hochseelige Majestät ihm ein sogar mehreremale Geschenke von 69 Fr. d’or durch die Majorin v. Kleist gebohrene von Gualtieri mag haben verabreichen laßen, ohne daß Fr. v. Voß oder Frl. v. Reinbrecht davon Kenntnis bekommen. Doch behalte ich allerdings und aus mehreren Gründen Bedenken, daß die Verewigte dem Hrn. v. Kleist bestimmt 6o Fr. d’or jährlich als eine förmliche Pension zugesichert habe, welche Gründe ich hier mit aufzustellen mich verpflichtet fühle.
Einmal hatten Ihre hochseel. Majestät nur der allerersten Höchst Ihrer ehemal. Kammer-Frauen, geb. Mylius, bei ihrer Verheyrathung mit dem Ober-Rechenkammer-Calculator Brock, 400 rtl. Pension ausgesezt. Höchst Ihre ehemalige Erzieherin de Gelieu in Neuchatel erhält nur 200 rtl. Pension und außerdem nur noch 200 rtl. Pension ein gewisser Maler Reuter wofür er Zeichnungen und Malereyen unentgeldlich anzufertigen verbunden war. Alle übrigen Pensionen des Chatoul-Etats sind von weit geringerem Belange. Wie sollten Ihre Majestät also wohl dazu gekommen seyn, 300 rtl. jährlich in Frdor für den Hrn. v. Kleist auszusezzen?
Zweytens. Ist es fast unglaublich, daß Ihre Majestät seit der Invasion 1806 60 Fr. d’or jährlich an den Hrn. v. Kleist hätten bezahlen laßen, da seit dieser Zeit, 3 Jahre hindurch bis zur retour nach Berlin, die vorgenannten Ihrer Majestät werthe Persohnen mit andern der Verewigten ebenfalls werthen Pensions-Empfängern, oft den grösten Mangel litten und dennoch mir höchstselten nur kleine Summen zu abschläglichen Zahlungen von Koenigsberg oder Memel aus übersendet werden konnten.
Drittens. Gaben Ihre hochseelige Majestät von 1000 Thalern monathlicher Chatoul-Einnahme immer schon sehr viel als Pension oder Zulagen aus und fühlten dies Höchst-Selbst nach der retour aus Preußen, im Januar 1810, wo ich über eine Liste von circa 60 rtl. mtl. beim Aufenthalt in Koenigsberg und Memel neu hinzugekommenen Pensionen mir die schriftliche Approbation zur Fortsezzung erbat, indem die Mtl. bestimmten Pensionen und Zulagen dadurch bis auf 3½ Frdor und 261 rtl. 14 gr. angewachsen waren. Höchstdieselben äußerten dabei mir den festen Vorsaz, von iezt an durchaus keine neue Pension bewilligen zu wollen, bevor nicht wenigstens das alterum tantum der neuen Bewilligung an alten Pensionen zurückgefallen sei. Wie sollte Ihro Majestät bei diesen detaillierten Aeußerungen nicht beygefallen seyn, mir von der bedeutenden Pension des Hrn. v. Kleist Kenntnis zu geben? Warum hätten Ihre Majestät gerade von dieser einzigen Pension ein Geheimnis machen und nicht vielmehr diesen Moment ergreifen sollen, mir die Bezahlung dieser Pension aus dem Chatoul-Etat zuzuschieben, um Höchst Ihre der edelsten Wohlthätigkeit gewidmete Privat-Chatoulle von einer genirenden bestimmten Ausgabe zu befreyen?
Frau v. Voß und Fräulein v. Reinbrecht sind über diese Ansichten ganz mit mir einverstanden und submissire ich daher welche Rücksicht Ew. Hochfreyherrliche Excellenz geruhen wollen, den Ansprüchen des Hrn. v. Kleist angedeihen zu laßen, in sofern er nicht eigentl. Beweise beizubringen vermag.

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Letzte Aktualisierung 22-Jan-2003
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