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M

Georg Minde-Pouet, Kleists letzte Stunden. Teil 1: Das Akten-Material (Berlin: Weidmann 1925), 24f.

Henriette Vogel an Friedrich Ludwig Vogel, Stimmings bei Potsdam, 21. 11. 1811

C.

Einige Bitten und Vorschläge habe ich dir mein theurer Vogel noch zu machen, welche du gewiß bei deiner anerkannten Milde einsehen wirst.
1., wünsche ich die Briefe, welche in dem Koffer liegen, in dem Mädchen ihrer Stube, baldmöglichst besorgt.
2., die ebenfalls daselbst befindl. kleinen Sachen, an meine Freunde wie die adressen lauten, zu verteilen.
3., des Krieges Räthin Eberhardi in meinem Namen unsre kleine messingene Kaffeemachine zuzustellen.
4., mögte ich vorschlagen, der Treblin deine Wäsche zum waschen und ausbessern zu geben, bis es nicht mehr nöthig ist, denn Doerte mögte es nicht nach Wunsch machen. Ueberhaupt wird die Treblin, da sie nicht ganz fremd, in unserer Haushaltung ist, und treu und billig, gern alles in Ordnung halten. – Grüsse sie vielmahl von mir, und sage ihr mein Louis, sie mögte nach meinem Tode noch eben so theilnehmend seyn, als sie es mir im Leben gewesen, und also alles für dich recht brav besorgen.
5., wünsche ich die alte Guitarre, nebst dazu gehörigen Kasten, die Julie Witte zu schencken, denn sie bat mich einmahl darum, sie ihr zu leihen, und es ist ein so gutes Kind.
6., Sehe ich es sehr gern, wenn die liebe Peguilhen, die Mutter, sich ein paar von meinen kleinen Ringen wählte.
7., Mögte ich der Friedericke vom Vater gern eins meine weissen Kleider schencken, denn sie verdient ihre Treue und Anhänglichkeit am Vater halber, wohl ein Andencken.
8., Mögte ich, daß die Selbstgekochte Seife, welche drüben ins alte Kleider-Spinde mit einem Zettel, der die Anzahl der Tafeln besagt, liegt, für Paulinchen aufgehoben würde, außerdem liegen noch einzelne Stücken Seife eben daselbst, von welchen gebraucht wird. Paulinchen braucht nicht bei einer andern Commode als bei der ihrigen zu gehen, auch würde ichs sehr rathen, ihr jezt keine von meinen Kleidern weiter zu geben; denn sie ist mit allem versehn, wenn sie den bestellten Ueberrock vom Schneider bekömmt. Schulden habe ich nicht, ausser den Ueberrock der noch für Paulinchen beim Schneider ist, und das Paar Stiefeln für sie, die der Lenz noch in Arbeit hat, auch habe ich zu mehrerer Sicherheit mir noch <25:> von allen Leuten, mit denen ich mich erinnere, je in Rechnung gestanden zu haben, Quittungen, welche in meinem SchreibKasten nebst den noch uebrigen Wirthschaftsgelde liegen, auch Doerte und die Treblin haben nichts zu fordern.
9., Jabots sind bei der Näherin, wenn Hoffmeister morgen bey dir mein Lieber ankommt, kann er gleich meinen Platz einnehmen, wenn vorher Doerte das Bette rein überzogen hat. – er wird dir eine grosse Erleichterung verschaffen, ich grüße ihn von ganzem Herzen, und wünsche, daß auch sein Schmerz bald enden möge.
Nun mein guter vortrefl. Vogel die lezte Bitte welche ich dir vorzutragen habe. – trenne Kleist ja nicht von mir im Tode, und mache doch die Auslagen seines gehörig anständigen Begräbnisses, zu deren Wiedererstattung schon Verfügungen von seiner Seite getroffen sind.
Jezt sage ich dir und allem was mir theuer war, auf Erden noch einmahl Lebewohl. – Gott gebe seinen Seegen zu unserm vorhabenden Entschluß, und erhalte dich gesund, und mache dich noch so glücklich mit meiner theuren Pauline, als es Menschen hier auf Erden werden koennen. Schicke doch ja mein liebes Kind, oder bringe sie ja sobald als möglich nach Koenigsberg, meine geliebte Manitius wird sie gewiß gütig empfangen. – wenn es dir irgend möglich ist, verlaß Berlin, und geh zu einem ruhigern heitern Orte, und gedenke alsdann zuweilen (doch nicht in Schmerz) deine

Adolphine
Donnerstag Morgen
Adreße
An Louis Vogel.

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Letzte Aktualisierung 22-Jan-2003
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