| Peter Staengle, 
                    Übersehene Kleist-Bezüge, in: BKB 13 
                    (2000), 13-27; darin: 17-20
 Rühle von Lilienstern an Karl Bertuch in Weimar, Dresden, 
                    25. 1. 1808 (GSA 06/5554)
 
 
  <1r> Dresden, 
                    den 25tn Jan. 8.  
                     Theuerster 
                      Freund! 
 Sie erhalten anbei eine Sendung Exemplare vom ersten Hefte 
                      des Phöbus, und ich benutze diese Gelegenheit zugleich, 
                      Ihren mir so lieben Brief zu beantworten, denn ich 
                      bin jetzt so ämsig beschäftigt, daß ich zu jedem, auch noch 
                      so angenehmen Wechsel des Geschäfts durchaus eines Anstoßes 
                      bedarf. Für Ihren Glückwunsch zum Phöbus danken meine Freunde 
                      herzlich. Bis jetzt läßt sich das Publikum in Hinsicht der 
                      bis dahin möglichen Bestellungen noch günstig genug an, 
                      und wenn wir Dresdner hoffen dürfen, daß sich Weimar 
                      und die dasigen Freunde und Gönner [d]für 
                      ^die^ Unternehmung einigermaßen thätig intereßiren werden, 
                      so bin
 
 
  <1v> ich keinen Augenblick in Zweifel, 
                      daß sie bei fortdauerndem innern Gehalt auch sich 
                      glücklich erhalten werde. Meine Freunde waren erst willens 
                      so wie dies an Göthe geschehn ist, Exem- <18:> plare 
                      an den Herzog und an die Großfürstin zu schicken, ich habe 
                      Ihnen indeßen gerathen, dieses Geschäffte ganz in Ihre Hände 
                      zu legen, und es erfolgen deshalb ein Paar Exemplare auf 
                      Velinpapier mit, fals Sie davon einen Gebrauch ^sollten^ 
                      machen können. Im entgegengesetzten Fall aber bitten 
                      meine Freunde, diese feineren Exemplare baldmöglichst zurück 
                      zusenden, da der Vorrath davon nur gering ist, und sie Ursach 
                      mehrere Bestellungen dieser Art zu erwarten. Der Prinz Anton 
                      hat gleichfals darauf subskribirt und versprochen, die ganze 
                      Königliche Familie dafür zu intereßiren. Die Bestimmung, 
                      daß der Betrag beim Empfang des Februarheftes solle gezahlt 
                      werden, trifft allerdings die Komißio-
 
 
  <2r> näre nicht. Cotta und Perthes 
                      haben sich 25 pro Cent bedungen. Besonders scheint 
                      der letztere sich ausgezeichnet der ganzen Sache anzunehmen. 
                      Desgleichen Nikolovius.  Das neue Journal für 
                      Ethnographie und Linguistik intereßirt mich ungemein und 
                      ich bin sehr begierig auf deßen Erscheinung. Auch ich habe 
                      mich, durch Böttiger, Jomini, Ancillon und einige andre 
                      veranlaßt, entschloßen zur Ostermeße ein neues Journal für 
                      Staats- und Kriegskunst beginnen zu laßen, sobald 
                      ich erst völlig gewiß bin, aus allen Armeen, und durch die 
                      besten Civilschriftsteller unterstützt zu werden. ^Auf^ 
                      Jomini, Behrnhorst, Maßenbach, Stützer, Ancillon, Lehman, 
                      Valentini, darf ich mit Sicherheit rechnen. Genz wird Materialien 
                      aus der östreichischen Monarchie herbeitreiben. Buchholz, 
                      Storch, Scharnhorst werden höchst wahrscheinlich mit in 
                      das Intereße gezogen werden.
 
 
  <2v> Ich wende mich jetzt auch 
                      an Sie, um Sie um Ihren Rath, und um Ihre Verwendung [von]bei 
                      Schriftstellern von ausgezeichnetem Rufe und Talente 
                      aus dem Kreise Ihrer Bekantschaft zu bitten. Vorzüglich 
                      liegt mir noch daran, in jedem der einzelnen bedeutenden 
                      Staaten einen Korrespondenten zu haben, der über die Ereigniße 
                      des Tages intereßante und authentische Auskunft zu geben 
                      vermag, und Sie werden mich besonders verbinden, wenn 
                      Sie mir zu diesem Zwecke, (besonders in den Civilangelegenheiten) 
                      brauchbare Subjekte nachweisen können.  
                      Wie geht es mit Vater Wieland? Wir sind sehr besorgt um 
                      ihn. Für den Aufsatz gegen die Pindusstürmer danke ich verbindlichst, 
                      er ist witzig und beißend, und hat uns viel Spaß gemacht. 
                      Für das darauf folgende kleine Gedicht, macht Ihnen der 
                      Phöbus seinen Reverenz. Die Teutona hat im 2ten Heft nichts 
                      als eine chronologische Übersicht der ganzen französischen 
                      Revolution; ich weiß, ob
 
 
  <3r> dies geeignet ist, sie sehr 
                      zu empfehlen.  Vom Prometheus scheinen die Feßeln 
                      noch nicht gänzlich gelöst zu sein.  Von Schellig 
                      habe ich noch keine bestimmte Antwort.  
                      Die Bekantschaft der beiden Gebrüdere Aster habe <19:> 
                      ich gemacht, aber zu meinem Schrecken gesehn, daß
 esnicht der Ihrige darunter war, worauf ich mir Hoffnung gemacht 
                      hatte. Wegen meiner Charte werde ich mit der nächsten Post, (da 
                      mich die heutige zu schließen nöthigt) an Ihren Herrn Vater 
                      ausführlich schreiben.
 Der Kupferstecher Stein ist seit einigen Wochen nach Wien 
                      gereißt, und billige Kupferstecher kenne ich hier 
                      durchaus nicht. Ich habe für meine Charte 75 rtl. bezahlen 
                      müßen. Leben Sie wohl und empfehlen Sie mich bestens Ihrem 
                      Herrn Vater. Ich bin unveränderlich
 
                       
                        | ^Die Weinstraße, die ich gemeint, geht nicht über 
                            den Thüringer Wald, wie ich mich irrig ausgedrückt; 
                            sondern es ist die gemeint, welche von Weimar über 
                            den Rücken des Ettersberges nach Naumburg geht.^
 |   Ihr 
  treuergebner 
                            Freund 
  u 
                            Diener vRühle |  
 |