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[ DOKUMENTE UND ZEUGNISSE ]

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Reinhold Steig, Heinrich von Kleist’s Berliner Kämpfe (Berlin, Stuttgart: Spemann 1901), 551f.

6. Die Verlobung in St. Domingo. 

 
Über diese Novelle will ich vorweg bemerken, daß sie sich weder in den Berliner Abendblättern findet, noch mittelbar mit ihnen zusammenhängt. Kleist hat die Novelle vielmehr ganz für sich geschrieben. Ihr Umfang verhinderte die Aufnahme in die Abendblätter. Sie scheint vor den vier übrigen, mit denen sie den zweiten Band der Erzählungen bildet, fertig gewesen zu sein. Kleist ließ sie besonders in Kuhn’s Berliner Freimüthigem erscheinen (oben S. 414), von wo sie in dem Wiener „Sammler“ Nr. 79 bis 87, vom 2. bis 20. Juli, zu – hoffentlich ihm honorirten – Abdruck überging. Die beiden Zeitschriften druckten nicht nach der Buchausgabe, von der sie geringfügig abweichen, sondern nach einer besonderen Vorlage Kleist’s, die nur den Titel „Die Verlobung“, nicht den erweiterten Titel der Buchausgabe führte. Im Freimüthigen wie im Sammler steht Heinrich von Kleist’s voller Name unter der Erzählung\*\.
Die damaligen Zeitungen sind angefüllt mit Nachrichten über St. Domingo. Beschreibungen in englischer und deutscher Sprache kamen heraus. Ich habe Mancherlei davon gelesen, aber nichts gefunden, das für „Die Verlobung“ als Quelle <552:> gelten könnte. Kleist’s Erzählung war für jene Jahre modern und zeitgemäß, wie wenn heute Jemand Transvaal oder China zum Schauplatz einer Novelle wählte.

\*\ Nach dem Abdruck der Novelle im Sammler, nicht nach Kleist’s Buchausgabe, hat Theodor Körner das Drama Toni gearbeitet. Ich führe dafür Folgendes an. Eine Wiener Correspondenz über die Aufführung, im Morgenblatt von 1812 Nr. 122, bemerkt: „Der Inhalt … ist als Erzählung in einer hiesigen Zeitschrift, der Sammler, vorgetragen.“ Im Oesterreichischen Beobachter von 1812 Nr. 112 steht auch: „Der Stoff zu obigem Drama ist gewiß den meisten unserer Leser aus einem der Juli-Hefte des Sammlers vom vorigen Jahre enthaltenen Erzählung von Heinrich von Kleist bekannt.“ Wenn Theodor Körner selber an seinen Vater schreibt (1. 2. 1812), „der Stoff sei nach Kleist’s Novelle, die Verlobung“, so bestätigt er, eben durch die Anführung des kurzen Titels, die Richtigkeit jener Angaben.

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Letzte Aktualisierung 06-Feb-2003
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