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[ DOKUMENTE UND ZEUGNISSE ]

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Hermann F. Weiss, Neuentdeckte Phöbus-Spuren, in: ZfdPh 108 (1989), 162-179; darin: 166

Franz Karl Leopold v. Seckendorf an Karl August Böttiger, Wien, 13. 1. 1808

Wien, 13. Jan. 1808

Von Tag zu Tag, mein geschätzter Freund, erwarte ich Nachricht von Ihnen, oder einen der erhofften Beiträge, deren ich so gern einen für das erste Heft des Prometheus bestimmt hätte, aber vergebens, und wenn er nicht jezt im Postpaket eingeschlossen, ist es zu spät. Der Druck hat schon angefangen, und die Zensur hält doch immer, auch wenn sie schnell ist, beträchtlich auf. Beinah sollte ich fürchten, das in der Hamburger Zeitung neu angekündigte Journal Phöbus\27\ entzieht uns Ihre Theilnahme. Ich weiß kein Wort davon. Adam Müller höre ich, gibt es heraus, und sein Verlust, ich läugne es nicht, ist mir empfindlich, da er so ganz unerwartet ist, denn gerade er machte mir bestimmte Hoffnungen.\28\ Können Sie mir vielleicht nähere Auskunft geben? und wo auf einmal finden sich jetzt die Verleger? Solche Kollisionen beim Entstehen eines Journals, das mit so vielen Lokalhindernissen zu kämpfen hat, sind nicht angenehm, können bleibend schaden. Ein andres wäre es gewesen, wenn der Prometheus schon ein Jahr bestanden hätte. Ich kann mir jenes nicht erklären – schwerlich bietet der neue Verleger mehr Honorar, und auch erwarte ich nur Vorschläge oder Forderungen, denn allerdings kan ich mehr thun, sobald der Absatz nicht gehemmt ist. Ich bitte Sie, erklären Sie sich ganz freundschaftlich darüber. […]

Göthe’s Festspiel Pandora’s Niederkunft wird Ihnen einen schönen Genuß geben.

Ich habe in Sachen Prometheus bei allen Erzherzogen persönliche Audienz gehabt, das neue Unternehmen ihnen empfolen und gute Aufnahme gefunden – nächstens gehe ich damit zum Kaiser, es muß tüchtig daran gesezt werden. Nur – nur darf mich das Ausland nicht stecken lassen, denn hier fehlt es gar sehr an rüstigen Männern, ob wir jezt gleich einen haben könnten an A. W. Schlegel, der seit 14 Tagen hier ist mit der Stael, aber noch zu sehr von der großen Welt zerstreut wird. Er hat sich enorm geändert, im Äussern, wie im Ton, und spricht nur von Versöhnung. […]

Seckendorf.

\27\ Die erste Ankündigung des Phöbus (LS Nr. 206a) erschien am 6. I. 1808 in der Staats- und gelehrten Zeitung des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten.
\28\ Gegen Ende November 1807 hielten sich die beiden Herausgeber des Prometheus in Dresden auf (Rudolf Hauser: Zur Geschichte der Wiener Zeitschrift „Prometheus“ (1808). In: Euphorion 30, 1929, S. 316, 321) und könnten dort mit Adam Müller und evtl. auch Kleist in Verbindung getreten sein. Beide befinden sich auf einem von Seckendorf angefertigten „Verzeichnis der Mitarbeiter, welche engagiert werden sollen“ (ebd., S. 318), aber auf einer Liste von Personen, denen bis zum 16. XII. 1807 gedruckte Einladungen zur Mitarbeit geschickt worden waren, führt er nur Adam Müller auf (ebd., S. 320); zu Seckendorfs Einstellung dem Phöbus gegenüber vgl. ebd., S. 325f. (teilweise abgedruckt in LS Nr. 292a). Die wenigen im GSA Weimar befindlichen Briefe von und an Seckendorf enthalten keine Kleist-Bezüge (frdl. Mitteilung von Heinz Härtl vom 26. XI. 1987). In der Österreichischen Nationalbibliothek Wien befindet sich keine Korrespondenz Seckendorfs aus dem Zeitraum 1807-1809 (Mitteilung vom 11. III. 1988).

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Letzte Aktualisierung 22-Jan-2003
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