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Friedrich Gottlob Wetzel, III. Vom großen Christoph, 17-20

III. Vom großen Christoph.

Lobsinget alle nah und fern
Dem neuen Stern,
Der uns – – – erschienen!
Der große Christoph wollte gern
Dem größten Herrn
Auf Gottes Erde dienen.

Der Kaiser ist’s ohn’ allen Streit
In nah und weit,
Im Kriege wie im Frieden! <18:>
Wer reicht an seine Herrlichkeit?
Vor Ihm sich scheut
Ost, West und Nord und Süden.

Er ging wohl in des Kaisers Heer,
Geschlagen schwer
Wirds bald nach dreien Tagen.
Der größte Herr der Welt ist Er
Wohl nimmermehr,
Wie wär’ er sonst geschlagen?

Er geht und trifft den Teufel an,
Hoch angethan
Mit Purpur, Stab und Krone.
Das, spricht er, ist der rechte Mann,
Der Alles kann!
Und giebt sich ihm zur Frohne.

Nun dient er ihm wohl lang’ und treu,
Wie groß er sei,
Er sucht sich zu erniedern.
Einst führt ihr Weg am Kreuz vorbei,
Der Feind wird scheu,
Und bebt an allen Gliedern.

Der Teufel gleich den Christoph bat:
Komm jenen Pfad,
Geh nicht am Holz vorüber!
Dem großen Christoph schießt das Blatt:
Wär’ Er’s, was hat
Der Schalk vor’m Kreuze Fieber?

Flugs macht der große Christoph Halt,
Verläßt gar bald
Gott’s und der Menschen Hasser,
Nimmt drauf in einem wilden Wald
Sein’n Aufenthalt,
An einem wilden Wasser.

Da ist sein Thun: von Ufers Saum
Trägt durch den Schaum
Er Pilgrim hin und wieder, <19:>
Die Welle schlägt ans Knie ihm kaum.
Ein Tannenbaum
Stützt wohl die starken Glieder.

Eins Tages kommt ein Knäblein klein,
Und bittet fein:
Trag’ mich durchs Wasser, Lieber!
Sanct Christoph auf die Schultern sein
Nimmt’s Knäbelein,
Und will mit ihm hinüber.

Da sieh, wie schwer dem starken Held
Das Knäblein fällt,
Es will ihn schier erdrücken.
Ihm däucht, als läg’ das Himmelszelt,
Die ganze Welt
Trüg’ er auf seinem Rücken.

Mit jedem Schritte schwerer fast
Wird ihm die Last,
Und nimmt ihm Luft und Odem,
Er hält das Knäblein wohl gefaßt,
Nach mancher Rast
Setzt er’s auf trocknen Boden.

Das Knäblein drauf die Hand ihm beut,
Dankt hocherfreut
Dem Starken für sein Tragen:
Und wer dich fragt, dem gieb Bescheid,
Du habest heut
Den Herrn der Welt getragen.

Von Stund’ an wird sein Herz entbrannt,
Zu Christ gewandt,
Und ist ihm treu verblieben,
Im ganzen werthen Christenland
Christoph genannt,
Christträger deutsch geschrieben.

Nun hilf, daß wir mit Würdigkeit
In Freud und Leid
Auch führen deinen Namen! <20:>
Durch’s wilde Wasser dieser Zeit
Zur Herrlichkeit
Trag’ uns, du Starker! Amen.

 

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