L

Länge

Deutsche Länge:

»Ton, das Herrschende. Schnelle Aussprache ihrer Mitlaute, die mit der Zahl derselben zunimmt. Hat eine gewisse Fülle, die dem Ohre, und der Vorstellung von dem mit der Länge verbundenen Nachdrucke genug thut. Wird angenehm durch den Ton. Erleichtert durch ihn die Stimmentragung der leidenschaftlichen Deklamation.«

[Vom deutschen Hexameter, X 92]

Griechische Länge:
»Ist gewöhnlich (vielleicht immer) tonlos. Verliert dadurch, was die unsrige durch den Ton gewinnt. Hat nicht selten, wie die unsrige, viel Mitlaute. Ob man diese auch schnell aussprach, wissen wir nicht. Fülle und dadurch entstehendes Genugthun fehlt ihr wenigstens dann im hohen Grade, wenn sie, wegen eines so beschaffnen Mechanischen, daß es nicht wirken kann, was es wirken soll, eigentlich in einer Dehnung der Kürze besteht. Ich glaube nicht zu weit zu gehen, wenn ich sage, daß wohl ein Drittel der griechischen Längen es durch die Kürzendehnung seyn möchten.«

[Vom deutschen Hexameter, X 92f.]

langsam

Beschreibt einen Vers bzw. eine Strophe, die mehr Kürzen als Längen aufweist.

Bsp.: xxx, xxx, xxx

[Vom gleichen Verse, X 19]

lebendiger Ausdruck

»[D]ie Gedanken des Gedichts sind noch besonders; und der Wohlklang ist auch besonders. Sie haben noch kein anderes Verhältnis unter einander, als daß die Seele zu eben der Zeit durch die Empfindungen des Ohrs unterhalten wird, da sie der Gedanke des Dichters beschäftigt. Wenn die Harmonie der Verse dem Ohre auf diese Weise gefällt, so haben wir zwar schon viel erreicht; aber noch nicht alles, was wir erreichen könnten. Es ist noch ein gewisser Wohlklang übrig, der mit den Gedanken verbunden ist, und der sie ausdrücken hilft. Es ist aber nichts schwerer zu bestimmen, als diese höchste Feinheit der Harmonie. die Grammatici haben sie ›den lebendigen Ausdruck‹ genannt […]. Verschiedene Grade der Langsamkeit oder Geschwindigkeit; etwas von sanften oder heftigen Leidenschaften; einige feinere Mienen von demjenigen, was in einem Gedichte vorzüglich Handlung genannt zu werden verdient, können, durch den lebendigen Ausdruck, von ferne nachgeahmt werden. […] Ich muß zwar zugestehen, daß es Fälle giebt, wo der lebendige Ausdruck dasjenige stark sagen muß, was er sagen will. Aber überhaupt sollte man die Regel festsetzen, sich demselben vielmehr zu nähern, als ihn zu erreichen. und die anwendung dieser Regel sollte man nur bei der Beurtheilung seiner Arbeit nöthig haben. Denn wenn diese Art Schönheit recht gelingen soll, so muß sie im Feuer der Ausarbeitung fast unvermerkt entstehen.

[Von der Nachahmung des griechischen
Sylbenmaßes im Deutschen, X 7f.]

»Die neuen Theoristen wissen so wenig, was der sogenannte lebendige Ausdruck sey, daß sie nur den übertriebenen Zeitausdruck so nennen. […]

Ob der Ausdruck, den der Tonverhalt hat, nicht zuweilen auch lebendig zu heißen verdiene, ist eine Frage, auf deren Beantwortung sich Viele bloß deswegen nicht werden einlassen wollen, weil sie kein römischer oder griechischer Kritikus genannt hat. […]

Der lebendige Ausdruck muß vornämlich auch dem Inhalte angemessen seyn. Es ist dies aber, besonders alsdann nicht, wenn jener nicht wichtig genug ist, um durch so etwas Heraushebendes, als der lebendige Ausdruck hat, unterschieden zu werden.«

[Vom deutschen Hexameter, X 153]

[Allg. zur Definition »Lebendiger Ausdruk«, vgl. Johann Georg Sulzer, Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Lexikon der Künste und der Ästhetik, Bd. 2, 680-683]

http://www.zeno.org/Sulzer-1771/A/Lebendiger+Ausdruk

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