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Heinrich Düntzer (Hrsg.), Aus Karl Ludwig v. Knebels Briefwechsel mit seiner Schwester Henriette (Jena: Mauke 1858), 329

Henriette v. Knebel an Karl Ludwig v. Knebel, Weimar, 9. 3. 1808

[Weimar] Mittwoch den 9. März 1808.
– Hier sendet Dir die Prinzeß mit vielen Grüßen wieder einen „Phöbus“. Es ist eine freche Gotteslästerung, daß man eine Pfütze so nennt, die wohl auch von der Sonne beschienen wird. Für solch eine unverschämte Bettelei sollte man doch gewiß seine Louisdors nicht aufheben. Vergib meinem gerechten Eifer! Aber es gibt jetzt Gelegenheiten, über den Werth des Geldes einige ernsthafte Betrachtungen anzustellen, und ich hoffe, daß andre Leute auch noch dahinter kommen sollen, daß sie solch ein unverschämtes Volk nicht noch aufmuntern.
Nun auf etwas andres! Herr Grub, mein Freund, wie Du weißt, und ein Mann, der noch Geschmack hat, ist von Deinem Properz ganz eingenommen, und ich habe mir ihn für dieses schöne Geschenk auf immer verpflichtet. Er war seitdem krank, und ich habe ihn erst am Sonntag wieder gesehen. So ein Schwabe kann sich doch noch freuen; denn mit recht innigem Gefühl sprach er von Deiner Uebersetzung, die er allen andern bei weitem vorzieht. Er hat mich bei Tafel gar angenehm unterhalten, und mir bei Gelegenheit des Papstes, dessen Politik er für die feinste und seinen Stuhl für unumstößlich hält, von einigen Kardinälen erzählt, die er persönlich kennt. Das sind andre Leute als diese Phöbusritter, mit den Alten bekannt und auferzogen und von der geistreichsten Gesellschaft. Ich habe mich ordentlich wieder erholt, vom bloßen Erzählen.
Wieder auf das uns so nothwendige Geld zu kommen, so habe ich von Baireuth her keine tröstlichen Nachrichten erhalten. Man bezahlt jetzt auch die Leute nicht mehr, die bisher bekommen haben. Herr von Dörnberg hat mich sehr auf die Geduld verwiesen. Er hat an Boschen geschrieben und macht ihr alle Hoffnung auf ihr Stift, obgleich nichts bezahlt wird. Ich danke nur Gott, daß uns jetzt das Würtembergische offen steht. Auch dächte ich, daß wir daher bald wieder Interessen zu heben hätten. –
Vorigen Sonnabend ist Hinzenstern ganz unerwartet von Kassel gekommen, und wird wohl noch etliche Tage bleiben. Im westphälischen Königreich geht es toll zu; lange kann es nicht so bleiben. Künftigen Sonnabend ist „Wilhelm Tell“ angesagt. –


Boschen] Rund-s D

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Letzte Aktualisierung 23-Jan-2003
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